9. Juni 2025
von Thomas Will
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Mehr geht nicht

Tag 12– Von Pitlochry nach Fort Augustus

 

Veränderungen am Morgen: Jupp fliegt zurück nach Frankfurt. Wir klären die beste Bahnroute und Flugverbindung. Willi, Arndt und Christian begleiten ihn zum Bahnhof (vorweg: er kommt gut zu Haue an – mit Fahrrad). Willi und Arndt nutzen den Bahnhofsbeuch um (nochmals) die schottische Bahn zu festen: Ziel Inverness und von dort aus am Loch Ness nach Süden bis Fort Augustus. Ob es die Hoffnung war doch „Nessi“ zu sehen oder ob sie nur wenig Vertrauen in General Wade hatten blieb offen. Aber auch sie hatten auf der Mainroad 800 Höhenmeter zu fahren. Christian stieg am Bahnhof auf sein Fahrrad und erreichte uns am Nachmittag wieder. Die ersten gut 50 Kilometer – größtenteils auf dem Fahrradweg neben der Autobahn liefen entspannend. Schon bei der Mittagsrast setzte der (leichte) Regen wieder ein. 35 Kilometer lang behinderte er uns jedoch nur wenig, Wir kamen gut voran und kletterten auch schon wieder langsam. Es war eine tolle Urlaubslandschaft. Ohne Regen und mit Sonne wären wir hier gerne länger geblieben. Weg von den Autos, weg von der Zivilisation – was wir aber bemerkten: die ersten schottischen Mücken. Mal sehen, ob sie uns auch in den kommenden Tagen begleiten. Vorgewarnt sind wir zumindest. Christian holte uns wieder ein und berichtete von der Aktion am Bahnhof.
Doch dann kam, was uns „Komoot“ auch schon angedroht hatte, die berüchtigte Militärstraße von George Wade. Der hatte die im frühen 18ten Jahrhundert anlegen lassen, um besser gegen die Highlander vorgehen zu können. In den kommenden vier Stunden fühlten wir uns ein wenig wie englische Fußtruppen, das Wetter, die Steigung, das Gepäck in Form unserer beladenen Räder – es fehlten nur noch die aus dem Hinterhalt angreifenden Schotten. Steigungen in den Kehren bis 16 Prozent Bach nach Bach, der den Weg kreuzte – die verblieben sechs EuroradlerInnen kamen an ihre Grenzen. Man könnte jeden einelnen Kilometer (besser Meter) beschreiben – aber um 18.30 Uhr waren wir oben. Wie wird die Abfahrt sein? Etwas besser, aber trotzdem volle Konzentration – wir verloren Energie um Energie und Uwe eine Speiche. Aber wir kamen „unten“ an. Kurz nach 20 Uhr bei unserem B&B. Die „Vorhut“ hatte uns im Restaurant (das um 20 Uhr seine Küche schloss) Burger geordert. Uwe und Stephan holten sie ab. Dazu ein Bier. Viel mehr war an diesem Abend nicht mehr möglich.

Tourdaten: 104km, 8.41 Stunden im Sattel, 11,1km Durchschnitt, 53,3km maximal, 1114Höhenmeter, Höchster Punkt 778 Meter

 

 

 

 

Tourdaten: 104km, 8.41 Stunden im Sattel, 11,1km Durchschnitt, 53,3km maximal, 1114Höhenmeter, Höchster Punkt 778 Meter

8. Juni 2025
von Thomas Will
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Es kam alles ganz anders

Tag 11 – Von Braemar nach Pitlochry

59 Kilometer, weniger als 500 Höhenmeter: was kann da schon schiefgehen? Also verlegten wir den Start an unserer Jugendherberge einfach auf 9 Uhr und auch das „schmale“ Frühstück störte uns wenig, schließlich gab es ja um die Mittagszeit Ofenkartoffeln mit Krabben. Eigentlich.  Die ersten zehn Kilometer verliefen auch gänzlich nach Plan. Wir frotzelten schon ein wenig, dass der check in im Hotel erst ab 15 Uhr möglich sei. Wenn wir da nur schon gewusst hätten, was noch kommen sollte. Nach 15 Kilometern wurde der Weg ein wenig anspruchsvoller, aber immer noch kein Grund sich Gedanken zu machen. Auch die erste Bachüberquerung nahmen wir sportlich. Schuhe und Socken aus und rein ins kalte schottische Bergwasser. Füße trocknen, Socken und Schuhe an und weiter. Nach der dritten Aktion dieser Art ging unser Spaßfaktor schon drastisch zurück. Der Weg wurde nun immer enger uns steiler. Die kommenden Stunden brachten mehr neben dem Fahrrad als auf dem Sattel zu. Steine, Geröll, Matsch, kleine Rinnsale – ein Höchstmaß an Kraft und Kondition war nötig und es gab hier etwas ganz Besonderes: gelebte Solidarität. Gerade als es „hier und da“ fast nicht mehr ging. Mancher Radler (oder Radlerin) weder auf dem Sattel, noch neben dem Fahrrad – sondern unter ihm – zu finden war, zeigte sich dies. Über vier Stunden dauerte die Passage. Das Mittagessen nahm einen ganz anderen Verlauf: Riegel statt Ofenkartoffeln und die für 17 Uhr geplante Besichtigung der Blair Athol Distillery konnten wir uns nur in unseren Gedanken vorstellen. Was verwunderte – auf dem schmalen Bergpfad kamen uns Radlerinnen entgegen – jedoch nicht mit schweren Reiserädern, sondern mit leichten Gravelbikes. So macht eine solche Tour vielleicht ja noch Spaß. Um es kurz zu machen: wir waren gegen 18 Uhr im Hotel. Es dauerte zwar ein wenig, bis wir alle unsere Zimmer hatten, aber irgendwie waren wir doch alle froh, dass wir es geschafft hatten. Und ja, den Whisky aus der Blair Athol Distillery gibt es heute Abend an der Hotelbar.

Tourdaten: 62km, 5.58 Stunden im Sattel, 10,2km Durchschnitt, 48km maximal, 467 Höhenmeter, Höchster Punkt 498 Meter

 

 

7. Juni 2025
von Thomas Will
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Jetzt hat es uns auch erwischt

Tag 10 – Von Edzell nach Braemar

Es hätte so ein schöner Tag werden können. Klar, die Temperaturen sind ein wenig niedriger als in der Mainspitze, aber um 8.30 Uhr war noch alles gut. Knapp 10°C, leichter Wind und viel Gewölk, aber nicht außergewöhnlich. Die ersten 13 Kilometer rollten gut, dann an der Clattering Bridge leicht links und das wirkte dann schon bedrohlich (noch nicht das Wetter). Die erste Rampe der alten Militärstraße hatte 16 Prozent. Zuviel für den ein oder anderen Radler aus unser Gruppe. Ein paar Meter schieben (es war mehr ein drücken) und dann ging es wieder. Die Trikots wurden nass, (immer noch nicht durch das Wetter) und so gegen 10.15 Uhr hatten wir es geschafft: 314 Höhenmeter auf 3,5 Kilometer. Die erste Abfahrt konnten wir noch genießen und dann passierte es. Zum ersten Mal auf unserer Tour: richtiger Regen. Wir konnten uns fast überhaupt nicht mehr erinnern. Vor vier Jahren auf dem Weg nach Malta und vor zwei Jahren auf dem Weg zu den Kanalinseln: kein einziger Tropfen. Regenkleidung war unnötiger Ballast. Jetzt also mussten wir sie anziehen. Der erste Schauer war noch überschaubar – wir kamen leidlich trocken zum Mittagessen nach Aboybe. Eine eigene kleine Speisekarte für unsere Gruppe – drei Suppen zur Auswahl und auch beim Sandwich konnten wir wählen. Trotzdem ging es sehr schnell und schon vor ½ 2 saßen wir wieder auf dem Rad. Carmen und ich „schenkten“ uns die Gärten von Balmoral und fuhren „gemütlich“ in Richtung Westen. Unsere Gruppe machte den Abstecher – aber Gärten im Regen bewundern: es mag schönere Erlebnisse geben. Zumindest war die das Ergebnis, als wir vier Stunden später im Duschraum unserer Jugendherberge standen und die Erlebnisse austauschten. 46 Kilometer im Regen fahren, mal sprengelte er uns nur leicht, aber auf der größeren Distanz schüttete es richtig. Auch der Autoverkehr auf der B 976 nervte – wobei man nicht ungerecht sein darf: viele Autofahrer nahmen Rücksicht, aber ein paar „Rüpel“ gibt es auch in Schottland. Man muss schon ein wenig (oder mehr) verrückt sein, wenn man solche Regenfahren auch noch als inspirierend wahrnimmt. Bei Carmen scheint das zumindest so zu sein. Trotzdem waren wir froh kurz vor 17 Uhr in Braemar gelandet zu sein. Unsere Jugendherberge empfing uns sehr freundlich. Mehrbettzimmer (außer natürlich für Paare), für jeden von uns ein Handtuch und klare Regeln, dass man im Haus keine Schuhe zu tragen habe. Der Wäscheservice fiel aus – es war nicht klar, ob wir bis Sonntag unsere Klamotten trocken bekommen. Einen Trost aber haben wir: am Sonntag soll die Sonne wieder scheinen.

Tourdaten: 94km, 6.34 Stunden im Sattel, 14.5km Durchschnitt, 59,1km maximal, 1.027 Höhenmeter, Höchster Punkt 446 Meter