21. Juni 2025
von Thomas Will
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Der Nebel des Grauens

Tag 24 Kirkwall – Aberdeen

Es ist 5.20 Uhr. Der Wecker klingelt. Um 6 Uhr gibt es Frühstück. Das muss schnell gehen, denn um 7 Uhr legt unsere Fähre in Aberdeen an und dann geht es mit dem Kleinbus von Eddie Rattray in Richtung Newcastle. Soweit die Theorie. Bis zum Frühstück war noch alles in Ordnung, doch dann kamen die ersten Hinweise – der Hafen von Aberdeen ist gesperrt: Nebel. Na ja, moderne Technik, Nebel, die Wetterapp – so schlimm werde es schon nicht werden. Es wurde schlimmer. Die Informationen von der Brücke waren genauso spärlich wie eintönig. Über Stunden die wenigen gleichen Infos. Die ersten beiden Stunden machten wir uns noch keine Gedanken. Die Busfahrt nach Aberdeen war mit fünf Stunden kalkuliert, wir hatten ein Zeitfenster von neun Stunden kalkuliert, was sollte da schon schiefgehen. Es wurde 9 Uhr, es wurde 10 Uhr – die Fähre lag eine Meile vor dem Hafen – es tat sich nichts. So langsam wurden wir unruhig. Wir telefonierten mit Eddie Rattray, der im Hafen von Aberdeen wartete. Wir telefonierten mit der Fährgesellschaft, die uns um 17 Uhr von Newcastle in die Niederlande bringen sollte. Stornieren? Noch abwarten? Um 12 Uhr dann de bittere Wahrheit: wir werden es vor 17 Uhr nicht schaffen und damit am Sonntag auch nicht in Bischofsheim sein. Unser Bus wartet, organisiert einen zweiten Fahrer. Ein kleiner Mittagsimbiss vertreibt die Zeit. Jetzt rufen wir bei DFDS an. Die Fähre für Samstag wird storniert. Die Umbuchung auf Sonntag klappt (gerade) noch. Fast alle Plätze auf dem Schiff waren ausgebucht. Das um 14 Uhr die Durchsage: es klart ein wenig auf – das Schiff kann in den Hafen einlaufen. Kurz nach ½ 3 sind wir da. Unsere Busfahrer warten. Schnell sind die Räder verstaut, wir verabschieden uns von Kiki und Alf, die noch eine Woche in Schottland bleiben. Jetzt geht es nach Newcastle, aber nicht zum Schiff, sondern in ein Hotel am Rande der Stadt. Unsere Tour wird einen Tag länger. Morgen kommen nochmal 17 Kilometer (der Weg zum Fährhafen) dazu. Jetzt um 16.15 Uhr ist dort das Ende der check in Zeit, genau 187 Meilen von uns entfernt. Eddie Rattray schaffte die Strecke hervorragend. Unterwegs wurden bei uns Erinnerungen an die vergangenen drei Wochen wach. Was haben wir für Landschaften gesehen. Kurz nach 20 Uhr waren wir an unserem Hotel in Newcastle. Na ja, der Transoport der Fahrräder hätte etwas besser sein können. Hier in England mussten wir erfahren, dass die Hinweise auf Webseiten nicht unbedingt mit der Realität übereinstimmen. Konkrekt beim Abendessen. Schließzeit der Küche laut Internet: 22 Uhr – real 20.45 Uhr. Was uns vor (lösbare) Probleme stellte. Dass man dann Vorspeise und Hauptgang zusammen servierte ist ja noch akzeptabel, dass wir aber am Tisch unser Essen und unsere Getränke selbst zusammen rechnen sollten (es gab nur eine Tischrechnung) war schon gewöhnungsbedürftig.

20. Juni 2025
von Thomas Will
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Was wir sonst nicht haben: Zeit

Tag 23 – Kirkwall

Die Tage auf unseren Radtouren sind durchorganisiert. Vom Aufstehen bis zum Abendessen muss „alles“ passen. An den letzten Tagen ist dies oft anders. Heute ganz besonders. Frühstück, Taschen packen und losfahren – gegen 9.30 Uhr die erste Gruppe. Kurze Pause bei Harry`s Potterie. Wir erstehen zwei Tassen (für Tee oder Kaffee), handgemacht mit Zeichen aus der Wikingerzeit. Hoffentlich fragt man uns zu Hause nicht, was sie bedeuten. (Was man jetzt aber bestimmt machen wird). Weiter nach Kirkwall, vorbei am Fährhafen, wo wir am späten Abend (hoffentlich) unsere Fähre nach Aberdeen erreichen werden. In Kirkwall waren in den kommenden Stunden überall unsere blauen Trikots zu sehen. In fast jedem Laden dürfte an diesem Tag ein Euroradler gewesen sein. Carmen und sich schauen uns sehr interessiert die handgestrickten Pullover an. Ob sich da noch ein freier Platz in den Satteltaschen finden wird. Die Kathedrale, der Bischofssitz und der Palast – ein wenig Kultur konnte am letzten Tag auch noch sein. Dann ein Abstecher in die Highland Park Destillerie – oder besser den Shop in der „Innenstadt“. Wir bekommen eine kurze intensive Einführung in die Geschichte des Whiskys und als kleines Gastgeschenk ein Originalglas – auch das muss noch in die Satteltaschen. Wir genießen die Sonne und machen uns auf zum Abendessen. Toller Blick in den Hafen. Wir haben Zeit. Juan hat Geburtstag. Er lädt uns zu den Abendgetränken ein. Wir singen. Die Gäste am Nebentisch finden unsere Tour bemerkenswert. Oft haben wir das am Nachmittag zu hören bekommen. Jetzt stärken wir uns zum letzten Mal auf den Orkneys – um 23 Uhr soll unsere Fähre kommen – um 23.45 Uhr ablegen in Richtung Aberdeen. Mal sehen, ob das alles so klappt.

Update: Ja es hat geklappt, wir kamen pünktlich auf die Fähre und wähnten uns bei der ruhigen Überfahrt schon fast zu Hause.

Tourdaten: 26km, 1.25 Stunden im Sattel, 19,0km Durchschnitt, 51,7km maximal, 125 Höhenmeter, Höchster Punkt 48 Meter

 

 

 

 

19. Juni 2025
von Thomas Will
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Warum nicht immer so?

Tag 22 – Im Süden von Mainland

Fast schien es heute so, als wolle uns die Insel unbedingt festhalten. Sonne, ein paar wenige Wolken, kein Regen in Sicht (es sollte auch keiner kommen) und der Wind eher ein laues Lüftchen. So langsam gewöhnen wir uns an die „Frühstücksnorm“ – binnen einer guten halben Stunde war unsere erste Essensgruppe „fertig“ und so hätten wir die 9 Uhr Startzeit locker geschafft. Wenn da nicht Kikis Mantel gewesen wäre – also der Mantel vom Hinterreifen es Fahrrades. Während sie schon aufgeben wollte („fahrt heute ohne mich, ich gehe spazieren“) nahm sich Christian dem Problem an. Mantel von hinten nach vorne und umgekehrt, damit die Belastung an dem geschundenen Pneus geringer ist, und schon konnte es losgehen. Nach gut einer Stunde waren wir schon in Kirkwall. Juan und Stephan hatten sich jetzt eine Auszeit genommen. Weiter mit in den Süden wollten sie nicht. Ob es die Fahrradkilometer waren oder ein paar „Erinnerungen“ zu erwerben – spätestens am Sonntag wissen wir es. Südlich von Kirkwall liegt der Flughafen der Insel. So idyllisch, wie sonst nur eine Bushaltestelle, kein Fluglärm – im Hintergrund hört man fast das Meer rauschen. Im Süden von Mainland liegt die Churchill Barrier – eine militärische Befestigungsanlage aus dem Zweiten Weltkrieg, die verhindern sollte, dass dort liegende Schiffe angegriffen werden können. Wir reden kurz über die Sinnlosigkeit von Kriegen, Frank macht einen kurzen Abstecher auf die südlich gelagerte Insel und wir treffen uns (fast) alle wieder beim Mittagessen. Im Barrier View Cafe gab es nicht nur eine sehr gute Tomatensuppe, sondern auch auf der Insel hergestellten Schmuck. Wir entsagen den süßen kulinarischen Genüssen (also fast) und radeln weiter, jetzt wieder nordwärts. Unser Ziel: Maeshowe – eine historische Grabstätte von vor mehr als 5000 Jahren. Die kurze Führung in die Grabkammer ist beeindruckend. Aus Amsterdam melden sich Fabian und Celina. Unser Bus steht mit Anhänger am Hafen und erwartet uns am Sonntagvormittag. Gut, dass das geklappt hat. Auch Stephans Rucksack hat es dorthin geschafft. Jetzt die letzten Kilometer. Noch ein „anspruchsvoller“ Feldweg und schon sind wir wieder an unserem Hotel. Binnen einer viertel Stunde trudeln wir ein. Komplett. Kikis Mantel hat gehalten. Und wieder haben wir fast 800 Höhenmeter gefahren, ohne dass hier irgendeine Mittelgebirgslandschaft vorhanden ist.

Tourdaten: 78km, 4.29 Stunden im Sattel, 17,9km Durchschnitt, 48,0km maximal, 783 Höhenmeter, Höchster Punkt 96 Meter