20. Juni 2025
von Thomas Will
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Was wir sonst nicht haben: Zeit

Tag 23 – Kirkwall

Die Tage auf unseren Radtouren sind durchorganisiert. Vom Aufstehen bis zum Abendessen muss „alles“ passen. An den letzten Tagen ist dies oft anders. Heute ganz besonders. Frühstück, Taschen packen und losfahren – gegen 9.30 Uhr die erste Gruppe. Kurze Pause bei Harry`s Potterie. Wir erstehen zwei Tassen (für Tee oder Kaffee), handgemacht mit Zeichen aus der Wikingerzeit. Hoffentlich fragt man uns zu Hause nicht, was sie bedeuten. (Was man jetzt aber bestimmt machen wird). Weiter nach Kirkwall, vorbei am Fährhafen, wo wir am späten Abend (hoffentlich) unsere Fähre nach Aberdeen erreichen werden. In Kirkwall waren in den kommenden Stunden überall unsere blauen Trikots zu sehen. In fast jedem Laden dürfte an diesem Tag ein Euroradler gewesen sein. Carmen und sich schauen uns sehr interessiert die handgestrickten Pullover an. Ob sich da noch ein freier Platz in den Satteltaschen finden wird. Die Kathedrale, der Bischofssitz und der Palast – ein wenig Kultur konnte am letzten Tag auch noch sein. Dann ein Abstecher in die Highland Park Destillerie – oder besser den Shop in der „Innenstadt“. Wir bekommen eine kurze intensive Einführung in die Geschichte des Whiskys und als kleines Gastgeschenk ein Originalglas – auch das muss noch in die Satteltaschen. Wir genießen die Sonne und machen uns auf zum Abendessen. Toller Blick in den Hafen. Wir haben Zeit. Juan hat Geburtstag. Er lädt uns zu den Abendgetränken ein. Wir singen. Die Gäste am Nebentisch finden unsere Tour bemerkenswert. Oft haben wir das am Nachmittag zu hören bekommen. Jetzt stärken wir uns zum letzten Mal auf den Orkneys – um 23 Uhr soll unsere Fähre kommen – um 23.45 Uhr ablegen in Richtung Aberdeen. Mal sehen, ob das alles so klappt.

Update: Ja es hat geklappt, wir kamen pünktlich auf die Fähre und wähnten uns bei der ruhigen Überfahrt schon fast zu Hause.

Tourdaten: 26km, 1.25 Stunden im Sattel, 19,0km Durchschnitt, 51,7km maximal, 125 Höhenmeter, Höchster Punkt 48 Meter

 

 

 

 

19. Juni 2025
von Thomas Will
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Warum nicht immer so?

Tag 22 – Im Süden von Mainland

Fast schien es heute so, als wolle uns die Insel unbedingt festhalten. Sonne, ein paar wenige Wolken, kein Regen in Sicht (es sollte auch keiner kommen) und der Wind eher ein laues Lüftchen. So langsam gewöhnen wir uns an die „Frühstücksnorm“ – binnen einer guten halben Stunde war unsere erste Essensgruppe „fertig“ und so hätten wir die 9 Uhr Startzeit locker geschafft. Wenn da nicht Kikis Mantel gewesen wäre – also der Mantel vom Hinterreifen es Fahrrades. Während sie schon aufgeben wollte („fahrt heute ohne mich, ich gehe spazieren“) nahm sich Christian dem Problem an. Mantel von hinten nach vorne und umgekehrt, damit die Belastung an dem geschundenen Pneus geringer ist, und schon konnte es losgehen. Nach gut einer Stunde waren wir schon in Kirkwall. Juan und Stephan hatten sich jetzt eine Auszeit genommen. Weiter mit in den Süden wollten sie nicht. Ob es die Fahrradkilometer waren oder ein paar „Erinnerungen“ zu erwerben – spätestens am Sonntag wissen wir es. Südlich von Kirkwall liegt der Flughafen der Insel. So idyllisch, wie sonst nur eine Bushaltestelle, kein Fluglärm – im Hintergrund hört man fast das Meer rauschen. Im Süden von Mainland liegt die Churchill Barrier – eine militärische Befestigungsanlage aus dem Zweiten Weltkrieg, die verhindern sollte, dass dort liegende Schiffe angegriffen werden können. Wir reden kurz über die Sinnlosigkeit von Kriegen, Frank macht einen kurzen Abstecher auf die südlich gelagerte Insel und wir treffen uns (fast) alle wieder beim Mittagessen. Im Barrier View Cafe gab es nicht nur eine sehr gute Tomatensuppe, sondern auch auf der Insel hergestellten Schmuck. Wir entsagen den süßen kulinarischen Genüssen (also fast) und radeln weiter, jetzt wieder nordwärts. Unser Ziel: Maeshowe – eine historische Grabstätte von vor mehr als 5000 Jahren. Die kurze Führung in die Grabkammer ist beeindruckend. Aus Amsterdam melden sich Fabian und Celina. Unser Bus steht mit Anhänger am Hafen und erwartet uns am Sonntagvormittag. Gut, dass das geklappt hat. Auch Stephans Rucksack hat es dorthin geschafft. Jetzt die letzten Kilometer. Noch ein „anspruchsvoller“ Feldweg und schon sind wir wieder an unserem Hotel. Binnen einer viertel Stunde trudeln wir ein. Komplett. Kikis Mantel hat gehalten. Und wieder haben wir fast 800 Höhenmeter gefahren, ohne dass hier irgendeine Mittelgebirgslandschaft vorhanden ist.

Tourdaten: 78km, 4.29 Stunden im Sattel, 17,9km Durchschnitt, 48,0km maximal, 783 Höhenmeter, Höchster Punkt 96 Meter

 

 

 

 

18. Juni 2025
von Thomas Will
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Rückenwind und Gegenwind

Tag 21 – Im Norden von Mainland

Die Satteltaschen mussten nicht gepackt werden. Der 21ste Tag unserer Tour startete ein wenig anders, als die Tage in den vergangenen drei Wochen. Und auch unser Frühstück sollte ein wenig verändert verlaufen. Am Vorabend bekamen wir einen kleinen gelben Zettel. Darauf standen die Ziffern unserer Zimmer – getrennt nach zwei Uhrzeiten: 7.30 und 7.45 Uhr. So sollten wir zum Frühstück kommen, und weil wir diszipliniert sind, taten wir es auch so. Auf den beiden für uns reservierten Tischen standen die Zimmernummern. Es gab kein „Starterbuffet“. Jedem von uns wurde genau das Gericht serviert, das er am Vorabend bestellt hatte. Da die Küche aber immer nur sechs Frühstücksgerichte parallel „zaubern“ kann – diese versetzten Zeiten. Verwunderlich (oder auch nicht) es ging schneller als in manch einem Hotel mit Frühstücksbuffet. Um 9 Uhr starteten wir unsere Runde in den Norden der Hauptinsel. Sonne am Himmel. Nach zehn Minuten mussten wir anhalten und Regenbekleidung anlegen. Die Wetterapp zeigte mal wieder nichts an. Weiter und schneller – wir hatten Rückenwind. Aber nur bis zu Kilometer 15 – dann war es mit dem Spaß vorbei. Gegenwind vom Feinsten. Broch of Gurness schauten wir uns im Regensturm an und dann ging es weiter. Stephan gab Windschatten (so gut es ging) und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit fiel und fiel. Kurze Pause in der Swannay Brauerei. Kräfte sammeln. Weiter zur Mittagspause im Birsay Bay Tearoom. Sie hatten eigentlich Ruhetag – aber extra für uns geöffnet. Zur Suppe gab es eine Sandwichauswahl. Allein davon waren wir (fast) schon satt. Dann aber das „Extra“ – vielleicht der Lohn für den Gegenwind. Kuchen und kleine Pasteten. Toll gezaubert und eine ganz nette Atmosphäre. Und dann noch dieser Blick – einfach traumhaft. Weiter. Zehn Kilometer bis Skara Brae. Wie lebten die Menschen hier in der Steinzeit? Beeindruckend, was damals gebaut wurde. Weiter. Noch zehn Kilometer. Der Wind hatte nachgelassen. Genussradeln auf dem letzten Etappenstück. Morgen geht es in den Süden. Die Windprognose ist günstiger. Aber was sagen Prognosen auf den Orkneys schon aus. Und bei uns dominiert die Frage: hält der Mantel von Kiki.

Tourdaten: 61km, 4.05 Stunden im Sattel, 15,3km Durchschnitt, 58,1km maximal, 754 Höhenmeter, Höchster Punkt 110 Meter