Tag 19 – Von Durness nach Bettyhill
Morgens um 6.20 Uhr in der Jugendherberge: nach drei Tagen muss es auch mal wieder sein: rasieren. Was mir dabei einmal wieder bewusst wird: das mit dem Einhandmischer ist auf der Insel nicht so weit verbreitet. Links (ganz) heißes und rechts kaltes Wasser. Zwei kleine Hähne. Mischen geht nur im Becken – na ja. Beim eigentlichen Rasiervorgang noch ganz gut machbar, aber danach: beim Gesicht abwaschen. Ganz klar: Platz drei auf der „Was mich nervt Skala“. Hand in Hand produzieren wir unser Frühstück. Vom Vorabend gibt es noch ein wenig Käse zur Ergänzung. Abspühlen, aufräumen, packen und dann könnte es losgehen. Wir machen unser obligatorisches Starterbild. Und jetzt dürfte es dem Leser oder der Leserin auffallen: das sind zehn Menschen, aber irgendwie sieht Christian anders (besser?) aus. Ja, Jane – die wir am Vorabend aufgenommen haben, hat sich zu uns gesellt; später sollten wir sie bei der Mittagsrast noch einmal treffen. Und Henry ist dabei. Der junge Hund des „Herbergsvaters“ – der eigentlich eine Hündin ist. Wir radeln los. Nach gut fünf Kilometern kämpfen wir gegen den Wind. Arndt gibt Windschatten.
Hin und wieder setzt leichter Regen ein. Der dürfte jetzt aber nicht da sein. Die Wetterapp sagt: Wolken, aber keinen Regen. Irgendwie stimmt die in Schottland seit dem ersten Tag nicht. Damit Platz zwei auf der „Was mich nervt Skala“. Kurz nach 12.30 Uhr erreichen wir unser Mittagessen. Wie (fast) immer Soup of the day. Wir sammeln Kraft und fahren auf der Route 500 weiter. Ein richtiger Fahrradring.
Schon wieder haben wir bei der Mittagsrast über 700 Höhenmeter – auf gerade einmal 43 Kilometern. Wo soll das noch hinführen. Weiter geht es. Die Straßen werden schmal. Was auffällt ist der nicht enden wollende Verkehr, auch hier in der Einsamkeit Nordschottlands. Ich zähle einmal: „normale“ Fahrzeuge und Wohnmobile und komme zu dem (statistisch nicht belegbaren, aber gefühlt realen) Ergebnis: 60 Prozent aller Fahrzeuge sind solche (überdimensionierten) Wohnzimmer auf vier Rädern, die von Nichtschotten gesteuert werden. Eindeutig Platz eins auf der „Was mich nervt Skala“. Gegen ½ 4 sind wir alle in unserem Hotel. Hotel! Keine Jugendherberge. Wir organisieren unser Frühstück für Dienstag, denn wir sollten um 12.30 am Fährhafen sein und der ist 51 Kilometer entfernt und dazwischen liegen gut 600 Höhenmeter. Aber erst einmal gibt es einen Tee und ein paar Meter (zu Fuß) im Ort. Ort – na ja. Unser Hotel, ein kleiner Laden (der einzige im Umkreis von 35 Kilometern – wie uns der Besitzer stolz erzählt), und ein paar Häuser – weit verstreut.
Tourdaten: 65km, 4.54Stunden im Sattel, 13,6km Durchschnitt, 60,3km maximal, 1029Höhenmeter, Höchster Punkt 224 Meter
16. Juni 2025 um 22:03
Liebe Freunde, das ist ja ziemlich heftig, was man da liest. Als Euroadler-Veteran erinnere ich mich an manche Schiebestrecke auf „Roman Roads“ in England (1993), an Versorgungsschwierigkeiten in Finnland (2009) und an brutalen Gegenwind in Südfrankreich (2015). Aber das waren Kleinigkeiten gegenüber dem, was ihr aushalten müsst. Ich kann euch nur bewundern. Haltet durch! – Nebenbei: Ist es nach diesen Erfahrungen wirklich eine gute Idee, Schottland (oder sogar ganz UK) zurück in die EU zu holen? – Kommt gesund zurück – viele gute Wünsche aus Bischem!