Von krummen Schlössern und neuen Satteltaschen

6. Tag, Sonntag, 21. Mai 2017 – Bad Oldesloe – Kiel

Sonntags um 6 Uhr aufstehen – und das im Urlaub; für die Euroradler geht es einfach dazu früh auf den Beinen zu sein. Es sind dann zwar noch zwei Stunden bis zur Abfahrt, doch die vergehen oft schneller als einem lieb sein kann. So auch heute am frühen Morgen in Bad Oldesloe. Karl wollte wieder auf sein E-Bike, doch das Schloss klemmte. Alles was Stephan, Joachim oder ich versuchten half nichts. Kein Öl, kein Kontaktspray, kein noch so feines Schlüsselgefühl – es ging einfach nichts.

Karl wollte aber unbedingt den Beifahrersitz mit dem Fahrradsattel tauschen – und so half am Ende nur rohe Gewalt. Egal: Karl konnte mitfahren. Unsere Räder hatten die Nacht unter fast freiem Himmel gut überstanden, wir frühstückten ausgiebig, packten um und dann ging es los. Es sollten nur 84 Kilometer bis Kiel sein und so dominierten an diesem Tag die Geschichten abseits der Strecke, die aber wirklich nicht zu verachten war. Bunte Felder und Wiesen, Wald und kleine Dörfer, deren Namen wir noch nie gehört hatten und bestimmt auch sofort wieder vergessen, ein Profil das durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen ist und immer Hinterkopf die Frage: wie weit ist unser Bus. Der war mit Jupp, Klaus, Josef, Dietrich, Juan und Carmen um 6 Uhr in Bischofsheim gestartet und auf dem Weg über Hannover nach Kiel. Gut dass es „Whats App“ gibt und so wussten wir von einer Rast in Melsungen, einer Baustelle bei Hannover und der Ankunft um kurz nach 14 Uhr am Schwedenkai. Wir Radler gönnten uns eine ausgiebige Mittagspause. Bratheringe oder Sauerfleich, dazu Bratkartoffeln und das obligatorische altfreie Weizen. Ach ja, Salatesser gab es auch, vielleicht schon mit Blick auf das Abendbuffet am Bord und den recht geringen Kalorienverbrauch an diesem Tag.

In Kiel hieß es dann umpacken. Neue Taschen mit Wäsche und Landkarten vom Bus an das Fahrrad und ein paar alte Klamotten in den Bus. Josef hatte unser Gespann sicher von Hessen an die Ostsee gebracht, auch wenn bei unserem roten Anhänger das rechts Rücklicht Aussetzer hatte. Harald hatte dann die Aufgabe Bus und Anhänger nach Travemünde zu fahren, dort zu parken – damit wir beide nach unsrer Ankunft in drei Wochen wieder in Besitz nehmen können. Schon vor 18 Uhr konnte er Vollzug melden: Bus und Anhänger stehen sicher und haben jetzt erst einmal Pause. Die haben wir auch, zumindest für ein paar Stunden. Jetzt hat sich das Gesicht der Gruppe wieder gewandelt. Neben den Busfahrern ist Willi dazugekommen – natürlich mit der Bahn und neben Steffi, Harald, Marga und Karl machen sich am Montag Kurt und Gerhard auf den Rückweg in den Kreis Groß-Gerau. Wir dagegen schippern bei weißblauem Himmel Schweden entgegen.

 Eine Geschichte muss aber noch erzählt werden, die von Jupp und seinen Taschen, die sind nämlich „gaaaaaaanz“ neu. Bis Freitagnacht ging der nämlich von einem Begleitbus in Schweden aus – also keine Taschen, so eine normale Touritour mit leichtem Gepäck. Dann riss ihn Joachim aus seinen Träumen. Nach einer unruhigen Nacht und einem Kontrollanruf bei Carmen (morgens um 7 war die Welt nicht mehr in Ordnung) dann die bittere Wahrheit: kein Bus mit Gepäcktransfer in Schweden. Was tun. Ganz einfach: man wendet sich an einen Fahrradhändler seines (unseres) Vertrauens und ein paar Stunden später hat man neue Ortliebtaschen. Jetzt nur noch die Frage, was muss ich einpacken und was nicht. Ob dieses Problem gut gelöst würde, werden erst die nächsten Wochen zeigen. Aber da haben die Euroradler ja durchaus Erfahrung: wer seine Shirts vergisst muss eben mit dem Schlafanzugoberteil zum Abendessen gehen – aber der Radler ist ja schon auf dem Rückweg.

84,4 Kilometer, 388 Höhenmeter, 4.36 Stunden auf dem Rad, 18,26 km im Durchschnitt, 40,4 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 46 Meter, 1.525 verbrauchte Kalorien

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