„Fahrt nach der Grenze gleich nach links“ – wir nehmen den Rat unseres freundlichen Wirtes in Metlika gerne an und radeln nach der kroatischen Grenze noch eine ganze Zeit mit Blickkontakt nach Slowenien. Dort scheint am frühen Vormittag (noch) die Sonne, während sich über Nordkroatien dunkle Wolkenberge zusammenbrauen. Sie drohen uns aber nur – auch am achten Tag unserer Tour können die Regensachen in den Taschen bleiben. Wenn es Josef nicht aufgefallen wäre, hätten wir fast unseren tausendsten Kilometer „überfahren“. Früher war das immer Grund genug für ein Gruppenbild – heute ist es ganz einfach zur Normalität geworden. Wir kommen nach Karlovac, der Großstadt an der Korna. Die Unterschiede im Stadtbild – im Vergleich zu Slowenien – sind schon augenfällig. Wir radeln weiter. Aus der Stadt führt nur die Autobahn, aber da diese nur für Fußgänger gesperrt ist, benutzen wir auf den kommenden sechs Kilometern einfach den rechten Fahrstreifen. Um nach Süden zu kommen haben wir keine andere Möglichkeit, als die Europastraße 59 zu fahren. Laster für Laster donnert an uns vorbei. Der Abstand zwischen Lenkerhörnchen (und damit auch dem Ellenbogen) und Führerhaus bemisst sich meistens nur im Zentimeterbereich, gefühlt manchmal im einstelligen Bereich. An einer Tankstelle die erste Rast, einfach mal weg vom Verkehr. Trotzdem läuft es rund – und das obwohl es fast kein Flachstück gibt. Straßenwelle nach Straßenwelle – das kostet Kraft. Vierzig Meter nach oben, zwanzig Meter nach unten, langsam erreichen wir wieder Mittelgebirgsniveau. Die Mittagsrast bei Kilometer „70“ deckt (einmal wieder) den Fleischbedarf für mehrere Tage. Ich muss nicht erwähnen, wer als erstes auf den Parkplatz eingebogen ist („Ich will Fleisch …..“). Salat und Apfelschorle runden die Pause ab. Am Nachbartisch sitzt eine österreichische Familie. Mittelpunkt des kurzen Gespräches: das heutige Länderspiel. Und dann geht es weiter. In Slunj beindruckt uns das Stadtbild. Das kleine Städtchen ist sehenswert in die Landschaft eingebettet. Wir schrauben uns wieder hundert Meter nach oben und freuen uns auf einen Kaffee. Ob wir einen Palatschinken dazu möchten? Warum denn nicht. Eine gute Entscheidung. UnsereTrikots sorgen bei einer Gästegruppe sofort für Gesprächsstoff. Ein Blick in die Gesichter einiger Mitfahrer nötigt ihnen noch größeren Respekt ab. „Da sind ja einige auch nicht mehr die Jüngsten“ – stimmt, wer mit Mitte 70 noch auf dem Balkan Fahrrad fährt und abends unbedingt wissen will, wohin die Euroradler 2013 fahren, muss schon ein Überzeugungsradler sein. Trotzdem sind wir am Nachmittag froh, im Haus Hodak in Grabovac zu sein. Euroradler und Europastraßen sind nämlich nicht mehr als eine Zweckgemeinschaft – man liebt sich nicht, aber man respektiert sich, schließlich gibt es manchmal keine Alternative. Alf, der heute einen unaufgeregten Besen (letzter Mann mit gelber Warnweste) fuhr, könnte davon bestimmt noch mehr berichten. Berichten kann ich dann auch über unseren zweiten Zuliefertransport. Nach „Karsten/Caro – Ljubljana“ heißt es jetzt „Steffi – Mostar“. Nicht nur, dass sie neues Kartenmaterial und viele Ersatzteile für unsere Räder bringt, zwischenzeitlich wurden auch zwei Dosen hausmacher Wurst – aber bitte mit Dosenöffner – geordert. Um Gerüchten gleich vorzubeugen – Fleisch und Wurst gibt es bisher genug. Aber auch über die Bischemer Wurst und die Gründe: morgen mehr.
Tag 9 – Euro(pa)radler und Europastraßen – passt das?
3. Juni 2011