Die Geschichte unseres letzten Fahrradtages beginnt schon am Vorabend. Gerhard unser Busfahrer wir immer mutiger. Jetzt steuert er unser treues Gespann schon mitten in mittelalterliche Bergdörfer, mit engen Kurven und steilen Kopfsteinpflastergassen – in Caltavuturo bis vor unser abendliches Restaurante „al Peccatore“. Wer immer einmal hierher kommen sollte, für den lohnt sich nicht nur der kleine Hunger. Herrlich die Fischpasta, butterzart das Lamm und ein Traum die Torte zum Dessert. Ganz ungewohnte Seiten erkennen wir auch bei unserem „Doc“, der die Pausen zwischen den Gängen zu ganz eigenen Gedanken über die Euroradler nutzt. Aber zurück zu Gerhard und unserem Bus. Am heutigen Morgen schauten wir uns erst einmal an, wie wir von „mitten im Ort“ wieder auf die Hauptstraße kommen konnten. Alle hatten wir gute Ratschläge, aber es waren Gerhard und besonders Bernd, der als „Aushilfsbusrangierer“ eine herausragende Figur abgab, die unser Gespann sicher „nach unten“ brachten. Das Gefälle hatte immerhin bis zu 24%. Wir Radler machten uns mit auf dem Weg aus der verträumten Mittelgebirgslandschaft in das pulsierende Palermo. Noch konnten wir knapp 40 Kilometer genießen: machten unseren obligatorischen „Obststopp“ in Cerda, ließen uns von einem netten Sizilianer, der Rüsselsheim und Groß-Gerau kennt, erklären wo man Wein kaufen kann – und dann waren wir auch schon in Termini Imerese. Jetzt waren sie wieder da: die Autos und die Hupen. Vor uns standen 40 Kilometer Küstenstraße. Bahnlinie, Autobahn und Staatsstraße dicht nebeneinander, Chemieindustrie direkt am Meer – für Radfahrer gibt es schönere Momente. In Santa Flavia „schnell ein Stück Pizza“ und dann hatten wir es kurz nach 14 Uhr geschafft: wir waren am Ziel in Palermo. Die Ankunft war weniger spektakulär als auf dem Ätna, dafür um so lauter. Wir schossen unser Abschlussbild in der City – alle in den grünen Trikots, nur ich durfte in dem rosa Trikot des Giroführenden fahren, und waren wenige Minuten später am Hotel. Es folgte die „übliche Hektik“ beim verpacken der Fahrräder und dann konnten wir sie nach 23. Tagen endgültig ausziehen: unsere Trikots und Radlerhosen. Jetzt sind wir mindestens drei Tage in „zivil“. Duschen, ausruhen, lesen, eine Tasse Kaffee in der Stadt, schnell ein Gang zum Friseur oder ein Telefonat mit zu Hause. Die Zeit bis zum Abendessen nutzte jeder Euroradler für sich. Bischofsheim – Palermo, das waren nicht nur 23 Tage und 2.671 Kilometer, das waren auch 25.577 Höhenmeter und viele kleine Geschichten. Manche finden sich in diesem Tagebuch, manche werden in den kommenden Wochen bei den Ausrolltouren erzählt werden, manche behalten wir aber auch einfach für uns.
Tag 23: 2.671 Kilometer – Wir sind Palermo
7. Juni 2007