2. Juni 2019
von Thomas Will
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Von heißen Bremsen und steilen Bergen

Von heißen Bremsen und steilen Bergen

Es war früh, sehr früh – von draußen brach die Sonne herein und die ersten Türen waren zu hören. Also schnell ins Bad, damit es sich später nicht staut. Frühstück war für ½ 8 Uhr bestellt und wir konnten uns bei Sandra so richtig satt essen. Bergkäse, Müsli, Joghurt – dazu ein oder zwei Schweizer Kaffee – wollten wir wirklich losfahren. Es half alles nichts. Pünktlich um 9 Uhr startete die Truppe.

600 Meter bergab – Schnitt: 42,3km nach sieben Kilometern und einer viertel Stunde Fahrzeit. Wenn das so bleiben würde – Stopp: Träumen verboten. Der erste Abzweig. Wir warteten und warteten. Wo blieben Stephan, Willi und Wolfgang. Blicke begegneten sich. Antworten wusste keiner. Dann sahen wir drei rote Punkte ziemlich weit oben. Sekunden wurden zu Minuten und dann kamen sich doch: die Bremsen waren heiß – zu heiß. Mal sehen, was das in den kommenden Tagen noch bringt. Aber die Bremse war das Fahrradteil, das an diesem Tag am wenigsten gebraucht wurde. Denn es ging bergan. Zuerst durch die Viamala – dort wo sich der junge Rhein sein Bett noch sucht – und dann weiter (bergan) Richtung Splügen. Alf und Rudi sowie Joachim waren auf einmal weg. Versuche die Gruppe auf dem langen Anstieg (25 Kilometer – 750 Höhenmeter) einigermaßen zusammenzuhalten schlugen fehl. Stephan – unser heutiger Besenfahrer – scheiterte an Gerhard (seine „Besenfahrerin“ hatte ihr Auto dabei). Und dann waren nur noch wenige Kilometer zu fahren. So ganz ohne Politik geht es an solchen Tagen aber doch nicht. Wolfgang kam mit der Meldung, dass Andrea Nahles zurücktreten werde. Wie weit das doch alles weg ist. An solchen Tagen zählen „nur“ Höhenmeter und gefahrene Kilometer. In Splügen hatten wir einen (Groß)teil schon geschafft. Pizza für uns alle – 8 für 14 war das richtige Maß und dann ging es hinauf zum Splügenpass. 650 Höhenmeter auf 8 Kilometer. Mit jeder Kehre wurde der Blick für die Landschaft geweitet. Toll. Wenn nur die Autos, die Wohnmobile und vor allem die Motorräder nicht wären. Es sind ja nicht die Fahrzeuge an sich, aber als Radler nimmt man die Geräusche noch intensiver wahr. Passfahren ist anstrengend – kann aber auch Spaß machen – nur die technischen Begleitumstände durch die anderen Verkehrsteilnehmer – verleiden einem oft die Stimmung. Nun gut, die wurde 60 (Höhen)meter vor dem Pass schlagartig besser. Eine größere Gruppe von uns hatte am Berghof auf der Schweizer Seite angehalten. „Am Pass gibt es nichts – wollen wir hier einen Kaffee trinken?“ – Keine Frage. Binnen zehn Minuten stand Kaffee und toller Himbeer- und Aprikosenkuchen auf dem Tisch.

Der letzte Kilometer bis zur italienischen Grenze – ein Bild – und dann bergab. Nur drei Kilometer und wir waren da. Geschafft. Das übliche Chaos bei der Zimmerverteilung, die Räder in einer dunklen Werkstatt – und jetzt erst einmal eine Dusche. Harald und Steffi verabschiedeten sich. Sie haben noch eine Nacht im „Alpina“ und wir freuen uns auf den Abend, der aber auch der Abschiedsabend von Willi und Wolfgang sein wird.

46,7 Kilometer – 4.30 Stunden auf dem Rad – 10,35km/Schnitt – 1464 Höhenmeter – 2117m am höchsten Punkt – 60,1km maximal – 2.207 Kalorien

 

 

1. Juni 2019
von Thomas Will
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700 Meter für ein Bad im Hotpot

4. Tag, Samstag, 1. Juni 2019

Ein gutes Frühstück, eine halbe Stunde später gestartet, es hätte so ein gemütlicher Samstag werden können. Auf dem Rheindamm in Richtung Chur, mal in Liechtenstein, mal in der Schweiz, auch mal eine Orts- oder Gewerbegebietsdurchfahrt – alles ging mehr als flott.

Gerhard hat auf Flachstrecken immer (noch) ein gutes Tempo und fuhr über viele Kilometer vorneweg. Hinten schaute Friedhelm in der Besenweste nach dem Rechten und pünktlich um 12 Uhr waren wir am „Bahnhöfli“ kurz vor Chur. Spagetti Napoli für jeden von uns – keine Extrawünsche (!) – alles in toller Servierzeit und weiter ging es. Die Sonne brannte „gnadenlos“ vom wolkenlosen Himmel, ein paar giftige Steigungen und bei Tamins trafen wir einen Radsportfreund von Joachim. Sie waren im Winter zusammengefahren und er ließ es sich nicht nehmen uns nicht nur bis Masein zu begleiten, sondern präsentierte uns noch eine reich gedeckte „Stärkungstafel“ mit Kaffee, alkoholfreiem Bier, Obst und ein paar Stärkungsriegeln.

So konnte es „in den Berg“ gehen. Unser Ziel war Untertschippina auf fast 1400 Metern über dem Meer. Warum eigentlich? Wir fahren doch am nächsten Tag unten im Tal weiter. Na ja, es waren nette Gespräche am Telefon, nette Mails und die besondere Graubündner Küche, die uns (mich) dazu verleitete 700 zusätzliche (und eigentlich unsinnige) Höhenmeter einzuplanen. Da das Wetter aber mitspielte, blieb der Protest aus und wir quälten uns (mehr oder weniger) nach oben. Uwe kam als erster oben an, ich hatte das Besentrikot übernommen – aber schon um 17.20 Uhr war es geschafft. Abschnallen, duschen und ab in die Fasssauna und den Hotpot. Traumhaft. Blicke auf die verschneiten Alpen, dazwischen ein paar Ziegen und wir im mit Holz aufgeheiztem Zuber auf der Wiese. Was kann ein Euroradler denn mehr verlangen.

Die Muskeln entspannten sich und am Sonntag kann es jetzt (hoffentlich wieder fit) zum Splügen gehen. Zuerst 700 Meter bergab. Na ja, wenn wir nicht nach Malta müssten würden wir hier gerne noch ein paar Tage bleiben. Harald und Steffi – die heute mit dem Auto ankam – machen dies, zumindest einen Tag lang. Bei dem tollen Abendessen sind sie wirklich zu beneiden.

92,2 Kilometer – 6.16 Stunden auf dem Rad – 14,71km/Schnitt – 1176 Höhenmeter – 1383m am höchsten Punkt – 49,5km maximal – 3.649 Kalorien

 

31. Mai 2019
von Thomas Will
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Länderhopping und ein Plattenkönig

 3. Tag, Freitag, 31. Mai 2019

Gerhard ist da. Lieber zu früh als zu spät – dürfte er sich gedacht haben, denn schon eine Stunde vor dem Start war er an unserem Hotel. Dabei hatte er sein Fahrrad und seine Ilse – sie fährt zwar nicht mit dem Rad, sondern mit dem Auto – damit sie ihren Gerhard in Savona wieder mit nach Hause nehmen kann. Damit es auch wirklich sicher geht mit der Abfahrt, vergewisserte er sich am Vorabend telefonisch. So geht es auch. Ach ja: Alf konnte mit zwei Tagen Verspätung jetzt auch seine erste Etappe in Angriff nehmen. Dafür musste sich Jörg schon verabschieden. Die Kanzlei lässt ihm keine weiteren freien Tage. Na ja, ob Radfahrtage so wirklich frei sind?

Dann konnte es aber losgehen. Gerhard hatte sich vorbereitet, nahm ein paar Feldwege im Donautal und schnell hatten wir bis Bad Saulgau zwei Kilometer eingespart. Aber: schon nach 10 Kilometer war Uwe platt. Gestern war dies erst nach 65 Kilometern der Fall. Flicken, aufpumpen – nichts half. Nach 21 Kilometern das gleiche Spiel. Wieder platt. Natürlich nicht Uwe, sondern sein Hinterreifen. Schluss mit lustig. Ein Radladen musste her. Joachim kaufte gleich eine neue Kette und wir teilten uns auf. Die Großgruppe fuhr sportlich weiter. Eine Kleingruppe blieb am Radladen und fuhr uns (sehr) sportlich nach. Mittagsrast beim Bäcker Waggershauser südlich von Ravensburg. Kartoffelsalat mit Nürnbergern. Aber nicht für jeden: Jupp isst kein Fleisch – also Salat ohne alles. Joachim wollte keinen Salat – also Nürnberger ohne alles. Uwe isst keine Wurst, also ein Stück Kuchen. Bei der nächsten Tour gibt es nicht nur ein Roadbook, sondern auch einen individuellen  Essensplan (Scherz). Dann rollte es bis an den Bodensee. Fast. Stephan hatte in Kressbronn zwei Satteltaschen ersteigert, die wir jetzt abholten. Natürlich mit extra Höhenmetern. Aber was soll`s. Dafür übernahm er später mit Uwe,  und Wolfgang die Kaffeepause.

Dann weiter auf der Fahrradautobahn am Bodensee. Ich weiß nicht was schlimmer ist: ein Anstieg in der Alb, die Stadtdurchfahrt in Bregenz oder der Bodenseeradweg. Aber wir kamen problemlos durch. Und dann rollte es an Rhein hinauf. Der Tacho zeigte 21, 22, 23, 24, 25, stellenweise 26 Kilometer – und das nach 120 Kilometern auf dem Sattel. Die Kaffeepause auf dem Campingplatz in St. Margarethen (in der Schweiz) tat richtig gut. „Mit dem Appenzeller fährst du dann noch viel schneller“ (nicht der Käse, sondern der Kräuter ist hier gemeint). Und dann waren wir da. Sehr freundlicher Empfang. Die Räder kamen handgetragen in den Keller und haben hier Nachtruhe bis morgen früh. Aber nicht ganz so früh. „Es ist Wochenende, da gibt es Frühstück erst ab 7.30 Uhr“ – auch gut, wir haben ja nur knapp 94 Kilometer.

Und jetzt sitzen wir im „Löwen“ – wie gut doch ein Bier schmecken kann.

136,2 Kilometer – 7.16 Stunden auf dem Rad – 18,73km/Schnitt – 635 Höhenmeter – 610m am höchsten Punkt – 52,8km maximal – 3.144 Kalorien