31. Mai 2017
von Thomas Will
Kommentare deaktiviert für Stockholm und das Wechselfieber

Stockholm und das Wechselfieber

16. Tag, Mittwoch, 31. Mai 2017 – Uppsala – Stockholm

Der italienische Rotwein und der Grappa ließen den Regendienstag doch noch ganz versöhnlich ausklingen. Die Antipasti, die Saltimbocca und die frischen Früchte auf Vanilleeis taten ihr Übriges und so war es eine angenehme Nacht im Schatten des Doms von Uppsala. Natürlich ging der erste Blick um kurz vor 6 Uhr aus dem Fenster. Das Pflaster war trocken. Kein Regen! Na also. Frühstück, packen, Räder prüfen und los. Die ersten Kilometer sind noch sehr ländlich geprägt. Wir kommen gut voran und sind schon kurz nach 10 Uhr bei Kilometer 30. Zeit für eine erste Pause. Ich erzähle Andreas von dem Bericht in der heutigen Ausgabe der Mainspitze und des Groß-Gerauer Echos. Zumindest Detlef Volk schaut regelmäßig in diesem Blog (da muss ich ja schon genau überlegen, was ich so schreibe). Wir rollen weiter und machen Höhenmeter um Höhenmeter, obwohl wir nie über die 80 Meter Marke hinaus kommen. Es ist kurz vor Mittag. Petra hätte gerne einen kurzen „Halt“. Links neben dem Fahrradweg ein Radladen.

Viele benötigen nach dem gestrigen Regentag neue Bremsgummis, Dietrich einen neuen Mantel. Ich zögere, ob wir anhalten sollen – aber die hinter mir fahrende Fraktion übt genügend (moralischen) Druck aus. Natürlich wird der Einkauf länger: Kettenöl und andere Kleinigkeiten – und Jupp kauft sich neue Handschuhe – wasserdicht. Jetzt wird es bestimmt auf der ganzen Tour nicht mehr regnen. Nur: Bremsgummis haben sie nicht. Magura hat den Vertrieb in Schweden eingestellt. Ein kurzer Anruf in Gustavsburg hilft. Nico bringt die Bremsgummis sofort (per Fahrrad) nach Bischofsheim und Conny diese per Flugzeug nach Stockholm. Mal sehen, ob beide bis 20 Uhr angekommen sind.

Wir fahren weiter. Irgendwie kommt Unruhe auf. Sollen wir jetzt doch nicht besser auf die Mittagspause verzichten und durchfahren? Sollen wir in zwei Gruppen fahren, die „Esser“ und die „Durchfahrer“? Ausdiskutiert wird diese Frage nicht. Die Macht des Faktischen siegt. Rechts neben dem Radweg ein „Asiate“. Willi bestellt 12 für 18 (das kennen wir ja schon) und binnen weniger Minuten bekommen wir Salat, Reis, Hühnchen in Mangosauce, geröstetes Brot und einen Kaffee.

Weiter Richtung Stockholm. Wir radeln durch Industriegebiete, an Einkaufmärkten vorbei – und merken, dass die Pläne nicht immer stimmen. Man muss zwischen der Ausschilderung und dem Fahrradnavi immer den richtigen Kompromiss finden. So auch in Stockholm.

Mal sind es die Bauarbeiten (an jeder Ecke wird gewerkelt), mal die Radwegeführung und manchmal auch die Brücken, die für uns ein Hindernis darstellen. Mit vereinten Kräften schaffen wir es. Um kurz nach 15 Uhr stehen wir an unserem Hotel – aber etwa auf Höhe des achten Stockwerks. Mit dem Aufzug? Nein! Weiter nach dem Eingang suchen. Nach ein paar Minuten sind wir da – und müssen doch Aufzug fahren um unsere Räder in die Garage zu bekommen. Alles klappt. Andreas und Jürgen holen Gabi und Beate ab, Stephan Conny – sie sind mit dem Flugzeug gekommen. Morgen ist ein Tag ohne Fahrrad – wir schauen uns Stockholm an. Jetzt um 20.30 Uhr ist auch Conny da – mit den Bremsklötzchen (Danke an Nico nach Gustavsburg). Heute Abend sind wir „23“ im Elite Marina Tower. Mehr werden wir bei dieser Tour nicht mehr.

87,26 Kilometer, 650 Höhenmeter, 5.01 Stunden auf dem Rad, 17.39 km im Durchschnitt, 39,31 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 76 Meter, 2.017 verbrauchte Kalorien

30. Mai 2017
von Thomas Will
Kommentare deaktiviert für Regen

Regen

15. Tag, Dienstag, 30. Mai 2017 – Gävle – Uppsala

Es gibt Tage, da will man am liebsten im Bett bleiben. Kurz vor sechs Uhr – in Blick durch das Fenster und die Vermutung bestätigt sich, es ist nass. Kein strahlender Sonnenschein wie an den vorangegangenen Tagen. Ich springe aus dem Bett, stelle Carmens Fahrrad unter den Balkon und bin eigentlich noch ganz optimistisch – so stark regnet es ja nicht. Auch auf dem Weg zum traditionellen 7 Uhr Frühstück das gleiche Bild: grauer Himmel – leichter Regen. Aber der wird stärker.

Pünktlich zur Abfahrt um 8.30 Uhr ist es richtig nass. Ich will das Startfoto machen und merke – der Akku ist nicht in der Kamera. Carmen sucht im Zimmer, ich finde ihn in der Packtasche – an manchen Tagen sollte man doch besser im Bett bleiben. Wir fahren los. Zurück nach Gävle. Gestern noch strahlender Sonnenschein, heute nur eines: nass. 10 Kilometer, 20 Kilometer – 122 sollen es werden. Wie werden wir das schaffen. Willi friert, Tim würde am liebsten in den Zug steigen – 9°C und Regen – Schweden kann ganz schön gemein sein. Mit Stephan rede ich über die nächsten Kilometer. Frühe Mittagspause in Mehedeby und Kaffee in Laby – dann können wir uns zwei Mal aufwärmen und der Tag ist in drei bezwingbare Etappen geteilt. Am Ortsausgang von Mehedeby sehen wir rechts eine Tankstelle mit Gastrobetrieb. Wir halten an. Geöffnet wird aber erst um 12 Uhr – das sind noch 20 Minuten. Wir beschließen zu warten. Innen rührt sich etwas, aber man lässt uns nicht rein. In aller Gemütsruhe wird ein Sonnenschirm nach draußen getragen, zwei Eiswerbeschilder – aber rein dürfen wir immer noch nicht. Um 12 Uhr gehen wir einfach rein. Wollen was bestellen – nichts tut sich. Heißer Tee für uns alle. Der unfreundliche Mensch zeigt auf ein Preisschild und will dafür umgerechnet 45 € haben. Jetzt reicht es. Wir ziehen uns wärmer an und gehen. Bei so manchem von uns dürfte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr in der Satteltasche gewesen sein.

Wir fahren weiter. Nach gut 70 Kilometern – kurz vor Mankarbo haben Willi und Stephan eine Pizzeria gefunden. Dort gibt es typische schwedische Hausmannskost: Kartoffeln, gegrilltes Dörrfleisch, Sauce, dazu Salat, Knäckebrot, Kaffee und eine Dose „Getränk nach Wahl“ – am Ende zahlen wir pro Person umgerechnet 6€ – und alle sind zufrieden. Weiter bis Uppsala, Regen, Regen, …. Wer fährt gegen den Wind – so richtig will das nicht (immer) klappen, aber wir kommen unserem Ziel näher – erreichen kurz vor 19 Uhr unser Hotel. Die Räder haben es zuerst geschafft.

Ein Konferenzraum extra für sie. Wir legen uns trocken und machen uns auf zu unserem Italiener. Jetzt erst einmal Abendessen – und dann mal sehen was der Wetterbericht für Mittwoch sagt.

121,2 Kilometer, 512 Höhenmeter, 6.55 Stunden auf dem Rad, 17.55 km im Durchschnitt, 33,3 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 82 Meter, 2.943 verbrauchte Kalorien

29. Mai 2017
von Thomas Will
Kommentare deaktiviert für Temperatursturz

Temperatursturz

14. Tag, Montag, 29. Mai 2017 – Falun – Gävle

Es ist richtig frisch, als wir uns in Falun auf die Räder schwingen. Trotzdem probiert es so mancher von uns in kurzen Hosen – aber mit Jacke. Die Stadtausfahrt bringt die üblichen „Problemchen“ die richtige Route zwischen Straße und Radweg zu finden. Dann aber –wie für uns gemacht – auf einer frisch geteerten Straße nordwärts bis Svärdsjo.

Die Sonne lässt sich nicht blicken, dafür hat Heinz-Ludwig (von hinten) alles im Blick. Gefühlt ist es am heutigen Montag um 20° kühler als gestern, aber wenigstens ist es von oben trocken. Wir machen nach 35 Kilometern die erste kleine Pause – Zeit die Karten zu wechseln, zu telefonieren und zu dem was man sonst zwei Stunden nach dem Frühstück machen muss. Längst haben wir darin Routine. Männer links in den Waldweg, Frauen rechts. Weiter geht es.

Wer noch keine Armlinge oder Beinlinge an hat, macht das spätestens jetzt. Wir freuen uns auf das Mittagessen und bei Kilometer 72, pünktlich um 12 Uhr ist es soweit. Willi organisiert in perfektem schwedisch, dass es heute keine Pizza gibt. Dafür einen Kebabteller – oder besser: 12 für 18 oder 3 für 4. Euroradler teilen. Salat davor, Kaffee danach – dazu noch (nein, keine Lindtschokolade) Kekse und weiter westlich Richtung Gävle. Jupp macht vorne wieder den Tempomann, nimmt mir den Wind und wir sind kurz nach 15 Uhr mitten in der Fußgängerzone der pulsierenden Ostseestadt. Das zweite Cafe ist es. Wir lassen es uns gut gehen, schließlich sind wir ja auch schon 108 Kilometer geradelt. Nur noch 10 Kilometer bis zum Ziel. Wir kommen kurz vor 17 Uhr in Engeltofta an. Eine alte Villa dient als Restaurant. Die Appartements sind Spitze.

Ein Pool gehört dazu, einige von uns springen sofort hinein – jetzt könnten wir hier ein paar Tage Urlaub machen. Wenige Meter weiter hört man die Ostsee; es ist toll hier unterwegs zu sein. Ein wenig getrübt wird die Stimmung durch den Wetterbericht, der sagt für den morgigen Dienstag Regen voraus – aber noch scheint die Sonne vom blauen Himmel und warum sollen wir uns jetzt die Laune verderben lassen.

Wir freuen uns auf das Abendessen und einen schönen Sonnenuntergang und vielleicht wird dabei auch so manche Erinnerung wach: auf den Tag genau von 25 Jahren waren die Euroradler (die damals noch nicht so hießen) auf dem Weg nach Dzierzoniow. Am zweiten Tag unserer Tour übernachteten wir in Hofheim in Franken – und da stand auch ein Schwimmbadbesuch auf dem Tourenplan.

117,7 Kilometer, 603 Höhenmeter, 6.28 Stunden auf dem Rad, 18.17 km im Durchschnitt, 47,6 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 212 Meter, 2.162 verbrauchte Kalorien