25. Mai 2017
von Thomas Will
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Bis das Reh kam ……..

10. Tag, Donnerstag, 25. Mai 2017 – Motola – Örebro

Wir konnten ab 6.30 Uhr frühstücken, in unserem Hotel in Motola kam man uns entgegen, denn an einem Feiertag beginnt das Buffet eigentlich erst eine Stunde später. Ein Bild vor dem Hoteleingang und dann ging es los. Strahlender Sonnenschein, leichte Wellen und ab zum Götakanal.

Gut 15 Kilometer auf unbefestigter Strecke entlang einem technischen Meisterwerk. Entspannung pur. Per Telefon orderten wir unser Mittagessen in Tjällmo – bei Kilometer 67. Wir kamen, trotz ein paar giftiger kleiner Anstiege ganz gut voran und wären eigentlich kurz nach ½ 1 Uhr da gewesen. Wenn nicht: ein Reh unseren Weg gekreuzt hätte. Alles hat es schon gegeben: zwei Radler kommen mit ihren Packtaschen aneinander und stürzen, ein Auto erfasst einen von uns, ein Absperrpfosten – und die Fahrt ist zu Ende; aber dass ein Reh einen von uns vom Fahrrad holt, das hatten wir noch nicht. Bis heute in Schweden. Ich rede mit Andreas über das Baugebiet im Hessenring und die Baupreise, schaue auf die Uhr und sehe, dass wir den letzten Kilometer in 2.56 Minuten gefahren sind – und dann wird es dunkel – bis Josef neben mir sitzt und mit mir redet. Zwei Männer, die ich nicht kenne fassen mich an den Füßen an und fragen mich etwas in englischer Sprache. Ich brauche ein paar Minuten (oder war es länger) um die Situation zu realisieren. Ein Reh ist mir von rechts ins Rad gesprungen und hat mich umgerissen. Josef hat mit den Helm geöffnet und die beiden Fremden, die sich später als Sanitäter der schwedischen Armee outen, prüfen was mit mir geschehen ist. Weiterfahren geht so nicht (die Vernunft siegt). Außer ein paar Schrammen am Arm scheint aber noch alles heil zu sein. Die beiden Sanitäter verfrachten mich in ihr Auto, Carmen kommt mit – die Räder auf einen anderen Jeep und ab ins Krankenhaus. Die Gruppe setzt ihre Tour fort, isst Mittag, macht eine Eispause und hat später Pech mit zwei Platten und einer verlorenen Schraube. Aber alle kommen gut. Im Krankenhaus werde ich sehr zuvorkommend behandelt. Reaktionen werden überprüft, ein Bluttest und ein CT gemacht und nach vier Stunden ist alles klar: ich darf weiterfahren. Der Arzt bestellt uns sogar ein Taxi und dann geht es nach Örebro. Der Taxifahrer bringt uns unterwegs die Landschaft und sein Land näher und wir freuen uns auf das Abendessen. Josef und Joachim nehmen sich meinem geschundenen Fahrrad an, die Radler haben mir als kleines Trostpflaster eine Tafel Schokolade aufs Bett gelegt und so langsam beginnt wieder Normalität in den Euroradleralltag einzukehren. Gut, dass es kein Elch war.

65,5 (146,0) Kilometer, 297 Höhenmeter, 3.43 Stunden auf dem Rad, 17,55 km im Durchschnitt, 40,4 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 144 Meter, 1.434 verbrauchte Kalorien

 

 

24. Mai 2017
von Thomas Will
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17 ist nicht 18 – oder Chaos am Kaffeetisch

9. Tag, Mittwoch, 24. Mai 2017 – Jönköping – Motola

Wer glaubt, dass die Radstrecke am Vätternsee eine flache, gemütliche Sonntagsfahrt ist, der irrt. Aber vorab das Wichtigste: keine Polizei, kein Regen und kein Platten. Also hinein in den Tourtag: wir verließen Jönköping in nördlicher Richtung. Willi, der schon oft an der Rundfahrt teilgenommen hatte, teilte sich die Routenfindung mit den vielen „Garmins“, die mittlerweile auch bei den Euroradlern die klassischen Landkarten im Papierformat (fast) abgelöst haben.

Die kleinen, aber giftigen Anstiege brachten es mit sich, dass unsere Gruppe sich schnell wieder auseinanderzog. Anhalten, kurz warten, aufsitzen – so richtig Zug brachten wir in den frühen Vormittag nicht hinein. Bis zur Mittagspause in Ödeshög wurde es schon besser, fast 63 Kilometer waren pünktlich um 12 Uhr geschafft und auch diesmal fanden wir eine passende Pizzeria. 10 Pizzen für 18 Radler, dazu einen Salat, Softgetränke nach Wahl – wir wurden bestens bedient.

Dass noch ein Kaffee; wir waren mehr als zufrieden. Dietrich verzichtete auf die Pizza (und versicherte uns später, dass sein Sturz ((bei dem nichts passiert ist)) nichts mit einem etwaigen Kalorienentzug zu tun habe) und wir kamen schon kurz vor ein Uhr wieder auf die Straße. Es lief bei strahlendem Sonnenschein bestens und wir waren schon kurz vor 16 Uhr in unserem Hotel in Motola. Jetzt eine gemütlich lange Kaffeepause auf der Terrasse am See. Willi bestellte 15 Kaffee, drei heiße Schokoladen und für jeden von uns ein Kaffeestückchen. 18 hätten es sein müssen, 18 habe ich gezählt – aber am Ende stand Petra leer da. Wer hatte zwei Stückchen gegessen? Nein, Dietrich war es nicht. Ein Blick auf die Rechnung brachte Klarheit: es waren nur 17 Stückchen gebucht (und bezahlt). Ich sollte jetzt erst einmal lernen, mich im Zahlenraum bis 20 sicher zu bewegen (besonders wichtig ist das für den täglichen Besenfahrer; den Job hatte heute Andreas – aber gut: Heinz-Ludwig organisierte das 18te Stückchen (für Petra), aber die hatte sich zwischenzeitlich ein Eis zu ihrer Schokolade geholt. So wurde das 18te Stückchen zu einem Gemeinschaftsstück.

Unsere Räder „schlafen“ heute im Konferenzraum des Hotels, mit traumhaftem Blick auf den See. Wir hatten nach dem (sehr intensiven Einchecken) noch genügend Zeit für einen kleinen Stadt- und Seebummel; das mit dem Schlauch- und Mantelkauf wurde aber nichts (Geschäft schon geschlossen) und so gab es die Chance noch einen Blick in das Automuseum des Hotels zu werfen. Ach ja, beinahe wäre es untergegangen: die Radler, die vor acht Tagen in Bischofsheim gestartet sind, haben heute die 1.000 Kilometermarke geknackt.

110,2 Kilometer, 679 Höhenmeter, 6.16 Stunden auf dem Rad, 17,59 km im Durchschnitt, 44,7 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 214 Meter, 2.665 verbrauchte Kalorien

In unserem Hotelmuseum findet sich auch eine Fahrradwerkstatt – Nico hätte hier bestimmt seine Freude.

23. Mai 2017
von Thomas Will
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Und dann kam die Polizei

8. Tag, Dienstag, 23. Mai 2017 – Göteborg – Jönköping

 So ein wenig Angst hatten wir fast alle vor der ersten Etappe in Schweden. Gleich am ersten Tag 160 Kilometer und dann noch quer durch Mittelschweden – fast die Hälfte der Strecke von der Nord- bis zur Ostsee – also von Göteborg bis Jönköping. Jeder ging mit dieser „kleinen  Angst“ ganz individuell um. Zwei grün-gelbe Bananen im Fronttäschchen, einfach das Höhenprofil wegklappen, ……… aber gefahren werden musste trotzdem. Wir starteten im Parkhaus und dann ging es erst einmal durch die Stadt. Hier und da mal ein paar Meter verfahren – aber dann hatten wir es geschafft.

Wir hatten den morgendlichen Stau in der zweitgrößten Stadt Schwedens hinter uns gelassen und sammelten Höhenmeter. Bis Boras – 65 Kilometer ging es ziemlich zügig voran, wir sammelten Höhenmeter bei strahlendem Sonnenschein und freuten uns auf den Nachmittag. Zuerst aber Mittagspause: Döner, Pizza, Salat – auch in Schweden bleiben wir unseren Traditionen treu. Es dauerte ein wenig länger, dafür wurden wir aber bestens bedient. Wieder auf`s Rad. Ein kleiner, aber giftiger Anstieg – Stephan war weg, Andreas auch – und dann ein Knall: Willi war der Reifen geplatzt.

Unsere Gruppe war in drei Teile gespalten. Per Handy lotsten wir Stephan – unseren Besen – und Andreas wieder zu uns, Willis Platten war schnell behoben (Jürgen hatte einen Ersatzmantel dabei) und schon ging es weiter ostwärts. Jetzt blieb Carmen zurück – Schleicher am Vorderrad – wieder Schlauchwechsel. Unser „Besen“ hatte heute wirklich Schwerstarbeit zu leisten. Wenn es jetzt (in Köttkulla) wenigstens ein Cafe gegeben hätte – aber nein: ein Käsebrot vom Frühstück, ein Apfel oder ein halber Riegel waren die einzigen Kraftspender. 22 Kilometer vor Jönköping mussten wir auf die Hauptstraße (vierspurig ohne Seitenstreifen). Es gab kein Verbotsschild und augenscheinlich auch keine Alternative. Also: rechts in einer Reihe – bergauf – bergab – linke neben uns die LKWs und PKWs – und jetzt schien der ganze Spaß des Tages auf einmal dahin. Aber wie sonst sollten wir in die Stadt kommen. Und dann „Blaulicht“. Wir waren uns keiner Schuld bewusst. Und so war es auch. Es gab kein Verbotsschild und keinen Hinweis auf einen Radweg. Wir sollten einfach 5,5 Kilometer auf der „Autobahn“ weiterfahren. Taten wir aber nicht. Nach gut einem Kilometer konnten wir auf den Radweg wechseln (den gab es, versteckt hinter einem Zaun) und dann kamen wir kurz nach 19 Uhr gesund und wohlbehalten in Jönköping an. Wohin mit den Rädern? Nehmt sie einfach mit auf`s Zimmer. Machten wir, auch wenn dafür Stühle oder Sessel weichen mussten. Das Abendessen wurde später – und auch der heutige Tagesbericht.

160,0 Kilometer, 1.286 Höhenmeter, 8.55 Stunden auf dem Rad, 17,92 km im Durchschnitt, 58,3 km Höchstgeschwindigkeit, Höchster Punkt: 361 Meter, 3.538 verbrauchte Kalorien