19. Mai 2015
von Thomas Will
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Ohne die „gelben Engel“ geht es nicht

7. Tag, Dienstag, 19. Mai 2015 – Bourgoin Jallieu – Crest

gelber engelDie Euroradler machen keine Reklame für Automobilclubs, aber bei jeder ihrer Etappen gibt es einen „gelben Engel“. Das ist der Fahrer, der (freiwillig) immer ganz hinten fährt. Er passt auf, dass kein Radler zurück bleibt – gleich ob er fotografieren möchte, einen körperlichen Bedürfnis nachgehen muss oder einfach ein wenig schwächelt. Gekleidet ist dieser Radler eigentlich ganz normal: nur er muss zusätzlich das „Besentrikot“ tragen, dies ist eine gelbe Warnweste, mit einem tourspezifischen Aufdruck auf dem Rücken. Nun ja, das „Besentrikot“ ist nicht immer sonderlich beliebt und so waren heute durchaus ein paar von uns froh, dass Dietrich den Job übernahm. Gerade bei einem anspruchsvollen Streckenprofil erfordert das dies volle Aufmerksamkeit – und dieses Profil war heute Vormittag durchaus vorhanden.
Wir kamen gut in Bourgoin los. Es tröpfelte leicht, Willi und Roland machten sich auf den Weg zum Bahnhof (nein, heute musste keiner von uns Zug fahren, sie wollten die Fahrkarte von Adi zurückgeben). Das klappte gut – und die Kaffeekasse freute sich. Bevor es aber soweit war, wechselten sich rasante Abfahrten (die uns lieber waren) mit ebenso steilen Anstiegen ab. Und so kamen wir zeitlich ein wenig in Verzug mit dem Mittagessen. Vor den letzten Anstieg hatte Roland eine spontane Eingebung. Er schlug vor, den letzten Anstieg im Spurt zu nehmen und im kommenden Ort (Hautervies) schon mal die Pizza zu bestellen. Nun wurde es zwar keine Pizza, dafür aber Nudeln mit zwei kräftigen Saucen und das in einer rekordverdächtigen Zeit. Man müsste überlegen, ob man den „Bestellboten“ nicht zum festen Bestandteil der Tourenplanung macht.

Hund Homepage Nun gut, im Restaurant gab es nicht nur unser Mittagessen, sondern auch einen Hund. Wohin kam er, wo blieb er, wo ließ er sich minutenlang kraulen …… ich könnte immer noch dort sitzen, wenn er nicht eingeschlafen wäre (der Hund). Mit der schnellen Mittagsrast wurde es dann aber doch nichts. Hundert Meter nach dem Start meldete Willi „platt“ – es war schon der zweite Platten (den anderen hatte Klaus) an diesem Tag. Es reicht jetzt. Dafür nahmen wir den nächsten Anstieg mit voller Kraft, ließen uns nach Romans rollen und genehmigten uns einen vorgezogenen Geburtstagskaffee auf Nico, der uns ausdrücklich dazu animiert hatte. Jetzt setzte Rückenwind ein und so schafften wir es binnen zwei Stunden nach Crest – wo man uns im Hotel sogar mit einem nicht geplanten Wäscheservice eine große Freude machte. Natürlich halfen dabei auch wieder Roland bestechend freundliche Gesten und Worte. Ach ja, unser „gelber Engel“ machte seinen Job eigentlich tadelsfrei, wenn da nicht kurz vor Schluss die gelbe Warnweste statt über dem Rücken über der Lenkertasche gehangen hätte. Drei Worte und ein scharfer Blick reichten aus, um aus dem Bengel wieder einen Engel zu machen. Jetzt geht es zum Abendessen. Roland hat zum ersten Mal Gelegenheit aus seiner „Gebrauchsanweisung“ für Südfrankreich zu lesen. Atemlose Ruhe – vieles kommt uns bekannt vor – und jetzt wird es mir bewusst, wir haben in dieser Besetzung nur noch zwei Tage. Und jetzt haben wir auch für das T-Shirt Problem eine Lösung gefunden. Und das hat auch was mit einem Engel zu tun.

115,8 Kilometer, 16,9 km Durchschnitt, 55,4 km im Maximum, 6.50 Stunden, 1.142 Höhenmeter, 478 Meter am höchsten Punkt, 1.755 Kalorien

18. Mai 2015
von Thomas Will
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Irgendwie ist der Wurm drin …….

6. Tag,  Montag, 18.. Mai 2015 – Bellignat – Bourgoin Jallieu

Bild Landschaft MontagWir starten verspätet in den Tag – Roland und Heinz-Ludwig verabschieden sich, um die passende Felge für das defekte Rad zu finden, Willi hat Platten – aber die Sonne strahlt. Wir radeln aus Bellignat – hinein in die schöne Mittelgebirgslandschaft des französischen Jura. Nur noch wenige Kilometer, dann liegt auch dieser Landschaftsabschnitt hinter uns. Noch ein gemächlicher Anstieg, nochmal knapp 700 Meter Seehöhe und dann in rasanter Fahrt hinab in das Rhonetal. Roland meldet sich telefonisch. Das mit der Felge hat nicht geklappt. Er und Heinz-Ludwig fahren Zug – über Lyon bis zu unserem Übernachtungsort. Dort wird man ihnen im Radladen helfen. Wir machen Kilometer. Es ist gerade mal ½ 1 und wir haben schon über 60 Kilometer geschafft. Das Tagesgericht in einer kleinen Gaststätte (Nudeln) gibt uns Kraft für die nächsten Aufgaben. Die Sonne brennt – wer hätte das vor zwei Tagen gedacht. Wir sind an der Rhone. Von hinten ein Ruf der eines klar zum Ausdruck bringt: „Anhalten“. Ich denke (noch an das Gute), es wird ein Bild von der Rhoneüberquerung  gewünscht: weit gefehlt: Jochen (B. aus G.) hat seinen Sattel durchgeritten: gebrochen – aus – er, auf dem er schon mit seinem Steppenwolf durch Finnland und Island geritten ist, hat seinen Geist aufgegeben: also – Materialermüdung heißt das wohl – zwei Metallstützen gebrochen. Wir reparieren notdürftig – für ein paar Kilometer reicht es. In Cremieu verlassen wir die geplante Route und suchen einen Fahrradladen. Jochen (F. aus B.) wird fündig. Während wir uns den zweiten Kaffee genehmigen, machen sich er und Willi auf um Radladen.

Bild Sattel MontagJochen (B. aus G.) kommt freudig zurück. Er hat einen neuen Sattel – jetzt kann es weitergehen. Vor Bourgoin nimmt der Verkehr zu. Wir kommen ohne Umweg und weitere Panne in die Stadt und zum Hotel. Jetzt ist Axel dran: ein Vorderrad verdient diesen Namen nicht mehr. Deformiert ist noch untertrieben. Ein dreifach gedrehter Achter, ein Mantel, der sich in Schlangenlinien windet – jeden Tag etwas Neues. Aber: Roland und Heinz-Ludwig sind ja noch im Radladen. Ein schnelles Telefonat und ein neuer Mantel ist bestellt. Eigentlich reicht es jetzt bis Casablanca mit den Pannen. Eine SMS von Roland, sie sind im Hotel. Gut. Wir wollen los – zum Abendessen. Alle sind da. Nur einer fehlt. Na ja, so eine Tour macht müde. Ein Anruf und schon kann es los gehen.

bild montag Abende.Heute Abend steht Couscous Royal auf  der Speisekarte. Toll. Ein Vorgeschmack auf Marokko. Mitten in Frankreich.

113,1 Kilometer, 18,9 km Durchschnitt, 44,3 km im Maximum, 5.59 Stunden, 418 Höhenmeter, 637 Meter am höchsten Punkt, 1.448 Kalorien

 

 

 

17. Mai 2015
von Thomas Will
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Von Fundstücken, T-Shirts, Regelverstößen und herrlichen Landschaften

5. Tag, Sonntag, 17. Mai 2015 – Salins les Bains – Bellignat

WaschmaschineKurz nach ½ 11 Uhr am Abend in Salins. Wir haben gut gegessen und sollen uns jetzt um unsere Wäsche kümmern, die in der Maschine ihre Runden dreht. Irgendwie dauert es uns zu lange. Was tun? Den Waschgang abbrechen. Mit Dietrichs „guten“ Ratschlägen und Jochens Französischkenntnissen schaffen wir es. „Aber die ist ja noch klitschnass“ – also wieder in die Maschine und schleudern. Jetzt hat man im Restaurant Mitleid. Wir sollen schlafen gehen – um den Trockner kümmert man sich. So war es dann auch. Am Sonntag konnten wir wie gewohnt um 8.30 Uhr aufbrechen. Gleich mal 300 Meter nach oben – damit das Frühstück verdaut ist. Das Wetter meinte es gut, die Mittelgebirgslandschaft gab herrliche Ausblicke frei und so radelten wir bis nach Patornay.

Sonntag auf TourMittagspause war angesagt, und jetzt ging nichts mehr an einer Pizza vorbei. Roland orderte zehn Pizzen für 15 Radler und wir ließen sie uns schmecken. Da eine Pizza aus acht Teilen bestand, gab es für jeden von uns 5 Stück und für Hungrige noch einen Nachschlag. Wieder ging es nach oben. Kaum Verkehr auf den Straßen und so freuten wir uns schnell auf den Nachmittagskaffee. Idyllisch am See – ein Plätzchen für entspanntes Urlaub machen. Wären da nicht die technischen Medien. Das Handy klingelte. Unser Hotel in Salins war dran. Diesmal hatte keiner von uns einen Hotelschlüssel mitgenommen, sondern seinen Haustürschlüssel (von zu Hause!!!) liegen lassen. Der wird nun kostenpflichtig nachgeschickt. So richtig aufstehen um die letzten 20 Kilometer in Angriff zu nehmen wollte niemand.

Bild cremen SonntagWir wussten, dass noch 200 Höhenmeter vor uns lagen. Die sollten aber gar nicht so schlimm werden. Vielmehr sorgte die Autostraße (also für Radler gesperrt) für Irritationen, die man einfach auf unsere gute alte D 31 gebaut hatte. Für uns aber kein Hinderungsgrund. Ob man es jetzt kontrollierten Regelverstoß nennt oder wir einfach das Schild nicht gesehen haben – egal. Wir kamen gut an, wurden in deutscher Sprache begrüßt – die Räder verbringen eine Nacht auf der Terrasse (im ersten Stock), und wir müssen uns jetzt erst einmal um die Felge von Heinz-Ludwig kümmern, die ist nämlich durchgebremst. Da wird die Geschichte mit den vergessen T-Shirts zur Nebensache: also was macht ein Radler, wenn er seine Shirts für morgens und abends vergessen hat: ganz einfach: er lässt ein Oberteil vom Schlafanzug an – beim Frühstück, beim Abendessen und natürlich im Bett. Wer das ist? Vielleicht kann es der treue Leser bis wir in Sete sind herausfinden. Wichtiger ist, was mit den Rädern geschieht. Roland und Heinz-Ludwig machen sich auf den Weg zu den örtlichen Fahrradhändlern um zu sehen, ob sie am Montag sich unserem Problem annehmen können. Wir verschieben einfach unser Abendessen – bis die beiden wieder da sind …..

101,5 Kilometer, 16,0 km Durchschnitt, 50,6 km im Maximum, 6.19 Stunden, 1.103 Höhenmeter, 698 Meter am höchsten Punkt, 2.268 Kalorien