5. Juni 2025
von Thomas Will
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Schottisches Eis in der Sonne von Anstruther

Tag 8 – Von Edinburgh nach Anstruther

Paketklebebänder haben etwas Mystisches. Hinter jedem Zentimeter, mit dem man ein Paket verklebt steht eine Geschichte. Mal eine vom Ankommen, mal eine vom Abreisen, mal eine mit viel Hoffnung, mal eine mit ein wenig Traurigkeit. Heute früh in Edinburgh haben wir viel Klebeband verarbeitet. Ich konnte den ersten Satz Landkarten (ja, die benutze ich noch), einen Beutel mit schmutziger Wäsche, ein Paar Schuhe und die Dokumente der ersten sieben Tagen zurückschicken. Mit im Paket auch ein paar Utensilien (Postgeheimnis) von Christian, dessen Paket in Edinburgh nicht ankam. Mal sehen, ob die gut vier Kilo ebenso gut durch den Zoll kommen, wie das Paket auf dem Hinweg. Ja – und dann gab es noch ein großes Paket, mit mehr Klebeband: Wolfgang musste ein Fahrrad in einem großen Karton verstauen (und verkleben) – für ihn ging es am frühen Nachmittag mit dem Flugzeug zurück. Während ich mein Klebeband sehr gerne benutzte, hätte er gerne darauf verzichtet. Und wieder gibt es ein großes Lob für unser Hotel. Kevin, der Chef des Hauses wusste immer zu helfen (auch beim Klebeband) und er übernahm auch gerne die Versendung meines Paketes – was nicht ganz so einfach ist, schließlich ist Schottland nicht in der EU. Ach ja, und Kevin hatte heute Geburtstag, wozu wir ihm herzlich gratulierten.

Verzichten müssen wir auf dem weiteren Weg auch auf Alf und Kiki – sie radeln jetzt alleine weiter und genießen die Zweisamkeit. Na ja genießen. Während wir der Sonne entgegenfuhren, mussten sie auf dem Weg nach Glasgow erst einmal einen Regenschauer überstehen. Wir radelten aus der Hauptstadt in Richtung Norden. Wir müssen über den Firth of Forth und uns bietet sich ein gigantisches Bild: drei Brücken nebeneinander. Schnell waren wir auf der anderen Seite. Jetzt entlang der Küste: mal Straße, mal Radweg – anspruchsvoll; aber genau diese Abwechslung macht es. In Kirkcaldy wartete man schon auf uns zum Mittagessen. Soup of the day und Käsesandwich – die kommenden Tage wird das unser Begleiter sein – und dann wieder auf`s Rad. Noch knapp vierzig Kilometer. Auf der Hauptstraße nervt der Verkehr. Dann im Hotel die Nachricht, dass es Frühstück am Freitag erst ab 8 Uhr gibt. Dann können wir frühestens um 9 Uhr los. Wenigstens soll das Wetter gut bleiben. Wir organisieren die neue Zimmerverteilung – keiner bleibt ohne Bett. Für einen unserer Radler gibt es sogar ein Familienzimmer – ein großes Doppelbett und ein Stockbett. Was auffällt, in dem Zimmer gibt es drei (!) Fernsehgeräte. Klar, eines für „die Eltern“ und je eines in jedem Stockbett. Gewöhnungsbedürftig.

Es ist kurz vor 5 (pm) – jetzt reicht es noch für ein Eis. Die Schotten (zumindest die in Anstruther) können das. Der Geschmack und die Qualität sprechen für sich – aber auch der Preis; da soll sich noch mal jemand über die Preise in der Bischofsheimer Schulstraße beschweren.

Tourdaten: 86km, 5.37 Stunden im Sattel, 15,7km Durchschnitt, 45,2km maximal, 730Höhenmeter, Höchster Punkt 62 Meter

 

 

4. Juni 2025
von Thomas Will
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Lauftag in der Hauptstadt

Lauftag in der Hauptstadt

Die Fahrräder bleiben im Hotel. Wir nicht. Frühstück ist angesagt, ohne dass man permanent die Uhr im Blick haben muss. Wir sollen irgendwann zwischen 10 und 10.30 Uhr am Schloss sein. Kein Radtag, dafür ein Fußmarsch – die ersten vier Kilometer: und was geschieht unterwegs. 2 Minuten Platzregen (war da nicht auch das ein oder andere Hagelkorn dabei). Eine Bushaltestelle hilft auch in solch einer Situation. Weiter. Touristisch. Aber wir kommen sehr schnell auf den Burgberg. Wer sich für die schottische Geschichte interessiert, der kann sich hier einen ganzen Tag (oder länger) verlieren. Nach zwei Stunden machen Carmen und ich unser break. Es reicht. Schlachten, Niederlagen – und immer waren es Menschen, die unter den (vermeintlich) Mächtigen zu leiden hatten. Wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen für die Mittagspause. Und finden es – denn es geht nicht nur um die Suppe des Tages und ein paar (sehr gute) Nudeln), sondern auch um die Finanzsituation im Kreis Groß-Gerau und seinen Kommunen. Ich schalte mich in eine Sitzung ein. Na ja, ich höre was man zu Hause spricht, mein Ton kommt aber irgendwie nicht über den Kanal (also beide). Das Handy muss helfen. Viel weiter kommen wir nicht – aber vor dem Hintergrund des Vormittages relativieren sich die Probleme (und vor allem der Ärger) schnell. Mit ein wenig Verständnis für Gesamtzusammenhänge wären auch schon in den zurückliegenden Jahrhunderten manche (blutigen) Konflikte verhindert worden. Schluss – zurück zu unserer Tour. Wir treffen einen Teil der Gruppe: Whiskytasting ist angesagt. Mal sehen wie es war. In der Highstreet schnuppert man den Hauch der Geschichte, aber auch des Tourismus. Zurück ins Hotel. Die frisch gewaschenen Radklamotten sind da. Noch ein paar Minuten und dann mit dem Bus zurück in die Stadt. Jetzt steht das Abendessen im Royal Cafe an. Und das war dann auch kulinarisch eine Überraschung. Haggis – das typische schottische Nationalgericht. Mit einem eingebackenen Ei. So manche Gesichter wechselten zwischen „erstaunt“ und „kann ich das essen“ – und dann der Hauptgang: Muscheln satt – dazu Fritten – und das Restaurant meinte es mehr als gut: unsere österreichische Kellnerin brachte noch zwei Töpfe nach. Ob nach diesem Abend ein Espresso ausreicht?

 

3. Juni 2025
von Thomas Will
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Schottische Gastfreundschaft

Tag 6 – Von Jedburgh nach Edinburgh

Nach einer Nacht in der „Queen Mary“ (in unserem schönen B&B haben die Zimmer Namen) trafen wir uns zum ersten englischen (also schottischen) Frühstück. Wir konnten individuell wählen – parallel traf unsere frisch gewaschene Radkleidung ein. Besser geht es nicht (oder doch?). Wir machten uns auf wen Weg. Die ersten Meter sollten ein Vorgeschmack auf den Tag sein. Hoch, steil, runter, steil – gefühlt aber mehr hoch – wieder waren es am Abend über 1.300 Höhenmeter und das auf gut 80 Kilometern. Schon ein klein wenig Wahnsinn. Jedburgh Abbey hatten wir nur kurz bei der Anfahrt gesehen, dafür warfen wir einen richtigen Blick (soweit das von außen geht) auf Melrose Abbey. Und dann kam etwas, was wir so noch nie hatten. Erst waren es zwei von unserer Gruppe, die auf den Zug umstiegen, dann drei, vier, fünf, sechs. Stopp. Jetzt aber gut. Na ja, fast alle hatten gute (gesundheitliche) Gründe. Die „restlichen“ 7 mussten jetzt klettern. Dafür wurden wir mit tollen Ausblicken belohnt. Nach 42 Kilometern (und über 800 Höhenmetern) waren wir in Stow. Mittagspause. Im Cloudhouse Cafe hatten wir vorbestellt. Aber: das hing ein Zettel: „aus persönlichen Gründen geschlossen“. Was jetzt. Ich fuhr zur Kreuzung an der Hauptstraße. Eine Gruppe von Menschen aus dem Ort sprach gerade darüber – dass man davon überrascht sei – nicht mal in Facebook habe etwas gestanden. Alternativen gäbe es keine. Aber wir sollten doch einfach mitkommen. Wie? Wohin? Na, zu ihnen nach Hause. Die Einladung war ernst gemeint. Der Ehemann „musste“ schnell einkaufen und wir durften am Wohnzimmertisch Platz nehmen. Sandwichs mit Salami, Käse, Oliven, Tomaten, Tee, Kaffee – wir sollten uns zu Hause fühlen. Auf dem Wohnzimmerteppich breiteten wir die Landkarte von Schottland aus – sprachen über die Route und mussten (leider) nach einer Stunde weiter. Wir wollten uns erkenntlich zeigen. Keine Chance. Nach unserer Rückkehr nach Deutschland geht ein Euroradlertrikot nach Stow.

Wir machten uns auf den Weg. Mal ein kleiner Regenspritzer – aber mehr Sonne und noch mehr Wind und dann waren wir (der Verkehr auf den letzten zehn Kilometern nervte) da. Auch Christian. Er war schon einen Tag vor uns im Hotel. Ab Donnerstag radelt er mit. Unsere Räder stehen mitten im Hotel, einige im Frühstücksaum. Dann auf zum Abendessen. Wir machten uns auf den Weg. Plötzlich war die Straße gesperrt. Steinschlag. Was nun, Umweg. Abends noch mal vier Kilometer laufen. Aber wir wurden entschädigt. Und nach dem Essen noch ein Blick auf eine sechshundert Jahre alte Kegelbahn. Die Kugeln warfen wir dann mehr zum Spaß – denn der Heimweg stand ja auch noch an.

Tourdaten: 82km, 6.19 Stunden im Sattel, 13,3 km Durchschnitt, 49,2km maximal, 1333 Höhenmeter, Höchster Punkt 362 Meter